Interview mit Eric Notari, Gründer und Brauer

Wie seid ihr Brauer geworden. Welches war eure Inspiration?

“Wir hatten immer eine grosse Leidenschaft für Bier. Vor 25 Jahren sind wir die ersten gewesen welche im Tessin wieder begonnen haben Bier zu brauen, sehr viele Jahre nachdem die letzte Brauerei im Tessin geschlossen wurde.”

Welches ist eure Philosophie wenn ihr ein neues Bier kreiert?

“Nicht immer finden wir gefallen daran den Modetrends zu folgen. Das Ziel ist es immer, Rezepte zu entwickeln welche Bestand haben.”

Welches Bier das ihr gebraut habt gefällt euch am besten, und warum?

“Wir schauen immer vorwärts, darum ist unser jeweils neuestes Bier das am meisten geliebte.”

Welches ist eure grösste Herausforderung als Brauer?

“Unsere aktuell grösste Herausforderung ist konstante Innovation, wir arbeiten an einem Projekt damit wir mit erneuerbaren Energien arbeiten können, damit wir immer nachhaltiger werden. Ebenso arbeiten wir immer an der Verbesserung der Qualität unserer Biere.”

Welches sind die grössten Herausforderungen im Markt für eure Biere?

“In der aktuellen Marktsituation ist es enorm wichtig sowohl im Tessin als nördlich des Gotthards einen zuverlässigen Kundenstamm zu haben. Eine grosse Herausforderung ist es die Preise stabil halten zu können, trotz der steigenden Kosten bei den Rohstoffen, der Energie und den Transporten.”

Welche Tendenzen und Innovationen seht ihr in der Zukunft des Bieres?

“Wir sehen eine klare Tendenz hin zu alkoholreduzierten oder sogar alkoholfreien Bieren, ebenso zu glutenfreien und BIO-Bieren. Dann sehen wir ein steigendes Interesse für spontanvergorene und mittels gemischter Vergärung hergestellten Bieren, ein Trend der uns doch etwas überrascht.”

Könnt ihr uns verraten ob ihr neue Biere nach Mendrisio bringen werdet?

“Sehr wahrscheinlich schon. Wir wollen aber nichts verraten und überlassen es den Besucherinnen und Besuchern des Festivals dies zu entdecken.”

Dier Biere welche Eric Notari aus dem Kühlschrank des Grossvaters entwendet sind in 75cl-Flaschen mit Bügelverschluss enthalten. Ein amberfarbenes, hevorragendes Bier! Wenn Eric die Augen schliesst, spürt er noch heute die benebelnden Aromen dieses Bieres! Dieses Bier ist die Initialzündung. Dann kommen die Motorradreisen mit den Freunden Abele und Stefano, durch ganz Europa, um neue Biere zu entdecken, welche in den lokalen Pub’s ausgeschenkt werden. Aber Eric will mehr darüber wissen. Er will die Technik studieren welche dazu führt dass ein Bier zu einem guten Bier wird. Er liest viele deutsche Handbücher, welche aber sehr schwer zu verstehen sind. Besser ist es durch das Tessin zu fahren, um Nischenprodukte zu verkosten. Sein Reiseführer ist der Besitzer der Firma Eugenio Brughera, in der Person von Daniele Cattaneo, von seinen Freunden “Lupo (Wolf)” gennant. Er ist einer der ersten Unternehmer welcher in den achtziger und neunziger Jahren daran glaubt dass die faszinierende Bierwelt am Wachsen ist. Eric kauft bei ihm Biere aus der ganzen Welt. Dank dem Bier entsteht eine tiefe Freundschaft zu Daniele Foletti, grosser Kenner der Biergeschichte im Tessin und Besitzer von vielen seltenen Gegenständen aus Tessiner Brauereien, welche er in einem kleinen Museum aufbewahrt. In Eric nimmt langsam die Idee Gestalt an selber Bier zu brauen. Aber wo soll er beginnen? Logischerweise bei den Rohstoffen. Er baut selber Gerste, erntet wilden Hopfen und hält nach Hefen Umschau. Sein Sohn Lucio, damals 7 Jahre alt und heute Brauer in der “Officina della Birra”, erinnert sich an die blauen Behälter welche im Wohnzimmer vor dem Sofa stehen, inklusive dem komischen Geruch welcher aus ihnen kommt. Auch wenn Lucio es noch nicht weiss, sind die Experimente sehr vielversprechend, sein Vater ist begeistert. Es ist das Jahr 1998, und es ist Zeit das Craftbier wieder ins Tessin zu bringen, 50 Jahre nach dem Verschwinden der letzten Brauerei welche nicht von einer der grossen aufgekauft worden war. Es beginnen so die Gespräche mit Lieferanten, die Suche nach Anlagen, das Erarbeiten eines Businessplans, die Evaluierung von verschiedenen Standorten. Die Wahl fällt auf die ehemalige “Osteria Dolfini” mit seiner Bocciabahn, ein historischer Treffpunkt für die Leute aus der Region. Neben Eric Notari sind der Braumeister Claudio Gorza, Stefano Hujio, Valeria Notari, Nicola Vavassorti und Abele Mercolli beteiligt: Mitareiterinnen und Mitarbeiter für die Eröffnung des Restaurants und der Brauerei. Ihr Support ist unerlässlich um die “Officina della Birra AG” zum Leben zu bringen und das erste Brewpub des Tessins, sowie eines der ersten der Schweiz, zu eröffnen. In kurzer Zeit wird die “Officina della Birra” zu einem Mittelpunkt der Tessiner Gastroszene, ein Ort in dem sich Leute aller Generationen treffen können, auch Dank eines sehr reichen Programmes welche die Besitzer anbieten, mit Livemusik, Aufführungen und Bierverkostungen. Im Jahre 2003 erscheint die erste Version eines Tessiner India Pale Ale’s, ein Bierstil welcher Ende der achtziger, Beginn neunziger Jahr steigende Beliebtheit erlangt. Eric Notari verwendet für sein erstes India Pale Ale den Cascade-Hopfen. Auch jetzt wieder, mit einigen wenigen anderen, ein Vorreiter in der Schweiz. Im Jahre 2005 entscheidet Erich sich auf das Bierbrauen zu konzentrieren und das Restaurant abzugeben. Drei Jahr später wird sein Freund Roberto Bernasconi Teilhaber der Brauerei und der vielen Projekte. Das erste Mal ist genügend Kraft vorhanden um in grösseren Dimensionen zu denken: der Standort bleibt Bioggio, aber die Biere verlassen nun die Tessiner Kantonsgrenzen. 2010 tritt auch Sohn Lucio, gelernter Mechaniker, in die Brauerei ein. Die Begeisterung seines Vaters für ein Produkt welche über 6’000 Jahre alt ist aber noch Emotionen wecken kann hat ihn überzeugt. Die Jahre 2010 bis 2020 sind die Dekade des Wachstums der “Officina della Birra”. Die neuen Etiketten für die Biere “Lisbeth” und “Oroeincenso” stellen ab sofort die Corporate Identity dar. Eine neue 12HL-Brauanlage wird installiert, mit neuer Abfüllanlage und Etikettiermaschine, Kapazität 1.200 Flaschen pro Stunde. Die neue Anlage ermöglicht es endlich die Distribution auf die ganze Schweiz auszudehnen und die Biere den Händlern im ganzen Land vorstellen zu können. Im Jahre 2013 wird die erste 33cl-Flasche abgefüllt. Es ist das erste Bier welche mittels des automatischen Flaschenfüllers abgefüllt wird, und nicht mehr von Hand wire die 75cl-Flaschen. Das Bier heisst “Valona”, was für die Tessiner Valle Onsernone bedeutet, wo Ilario Garbani di “Farina bona di Mais (Maismehl)” herstellt. Die lokale Zutat prägt dieses Bier, welches mit seiner Amberfarbe und seinem weichen Aroma ein grosses Publikum in die Welt der Craftbiere einführen soll, und es gleichzeitig ermöglicht grosse Volumen zu produzieren, ohne Kompromisse in der Qualität einzugehen. Heute braut die “Officina della Birra” rund 2’000HL pro Jahr, mit dem Ziel auf 3’500 zu kommen. Mit der Zeit und der steigenden Erfahrung ist das Sortiment laufend erweitert worden. Rund 15 Biere werden konstant das ganze Jahr gebraut, welche die Kundinnen und Kunden sehr schätzen. Dann gibt es die Saisonbiere, welche einmal pro Jahr gebraut werden, sowie die Experimente, “Alchimie” genannt, welche in limitierter Anzahl Flaschen erhältlich sind. Im Jahre 2015 eröffnet in Lugano das “Fermento Pub”, welches nur Biere der “Officina della Birra” ausschenkt. Ein Schaufenster am Luganersee für die Biere der Brauerei, wie 1999 mit dem Brewpub in Bioggio vorgemacht. Der Erfolg führt zur Eröffnung von weiteren Lokalen in Bellinzona, Mendrisio und Andermatt. 2019 feiert die “Officina della Birra” das zwanzigjährige Jubiläum, mit den erreichten Zielen, den Mühen und den Erfolgen. Im Jahre 2024 steht das fünfundzwanzigjährige Jubiläum an. Nächste Ziele? Noch einmal so viele Jahre zu feiern, sowie eine neue, nachhaltige Brauanlage. Dann ganz klar: den ersten Brauerlehrling im Tessin ausbilden zu können!

                                                                                                                                                                                                                            Eric Notari